Merkzeichen H

Merkzeichen H
  • Die Behördehat im Rahmen der Aufhebungsentscheidung nach allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast nachzuweisen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichen H nicht mehr vorliegen.

    SG Aachen
    19.09.2017
    S 12 SB 642/16
  • Bei Kindern und Jugendlichen kann im Vergleich zu Erwachsenen mit derselben Erkrankung selbst bei einem gleich bleibenden Krankheitsverlauf die Annahme des Merkzeichens H gerechtfertigt sein, weil nicht nur die Anleitung zu den in der (seinerzeit noch gültigen) Nr. 21 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) genannten Verrichtungen, sondern auch die Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung sowie die notwendige Überwachung zu den berücksichtigungsfähigen Hilfeleistungen gehört (jetzt: Teil A Nr. 5a VMG).

    Die Besonderheiten des Kindesalters führen dazu, dass zwischen dem Ausmaß der Behinderung und dem Umfang der wegen der Behinderung erforderlichen Hilfeleistungen nicht immer eine Korrelation besteht, so dass, anders als bei Erwachsenen, auch schon bei niedrigeren GdB-Werten Hilflosigkeit vorliegen kann (vgl. Nr. 22 Abs. 3 AHP - jetzt: Teil A Nr. 5c VMG). Bei einer geistigen Behinderung eines Kindes kommt auch dann die Zuerkennung des Merkzeichens H bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in Betracht, wenn das Kind wegen gestörten Verhaltens ständiger Überwachung bedarf.

    Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
    11.10.2019
    L 13 SB 289/18
  • Wird bei einem schwerbehinderten Menschen im Kindesalter Hilflosigkeit (Merkzeichen H ) anerkannt, so führt nicht bereits die Vollendung des 18. Lebensjahrs automatisch dazu, dass dieses Merkzeichen entzogen werden kann.

    SG München
    16.03.2022
    S 48 SB 1230/20
  • Bei der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen sind nicht nur die bei der Hilflosigkeit genannten „Verrichtungen" zu beachten; auch die Anleitung zu diesen „Verrichtungen", die Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung (z.B. durch Anleitung im Gebrauch der Gliedmaßen oder durch Hilfen zum Erfassen der Umwelt und zum Erlernen der Sprache) sowie die notwendige Überwachung gehören zu den Hilfeleistungen.

    Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
    22.08.2022
    L 7 SB 86/21
  • Mit Erreichen der Volljährigkeit ist insbesondere nicht mehr auf Teil A Nr. 5 d bb VMG abzustellen, wonach bei tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, die für sich allein einen GdB von mindestens 50 bedingen, und bei anderen gleich schweren, im Kindesalter beginnenden Verhaltens- und emotionalen Störungen mit lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten regelhaft Hilflosigkeit bis zum 18. Lebensjahr anzunehmen ist. Stattdessen muss bei dem Übergang ins Erwachsenenalter berücksichtigt werden, dass die Voraussetzungen für die Annahme von Hilflosigkeit auch entfallen können, wenn behinderte Jugendliche infolge des Reifungsprozesses – etwa nach Abschluss der Pubertät – ausreichend gelernt haben, die wegen der Behinderung erforderlichen Maßnahmen selbstständig und eigenverantwortlich durchzuführen, die vorher von Hilfspersonen geleistet oder überwacht werden mussten (vgl. Teil A, Nr. 5 e VMG).

    Dies bedeutet aber nicht, dass es sich hierbei um einen Automatismus handeln würde. Der Wegfall der Voraussetzungen des Merkzeichens H bei Eintritt der Volljährigkeit bedarf vielmehr stets einer Einzelfallprüfung. Verbleibende Zweifel gehen in Anfechtungsfällen der vorliegenden Art zu Lasten des Beklagten, weil dieser sich – anders als wenn eine erstmalige Erteilung des Merkzeichens beantragt wäre – auf eine eingetretene Änderung der Verhältnisse beruft.

    Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
    16.11.2022
    L 13 SB 120/21
  • Der in § 35 BVG geforderte Hilfebedarf liegt in jedem Falle dann vor, wenn sein Umfang mindestens zwei Stunden täglich erreicht. Ebenso wenig wie für den Begriff der Hilflosigkeit setzt das Gesetz eine zeitliche Grenze, von der an ein Pflegebedarf „außergewöhnlich“ ist.

    Landessozialgericht Baden-Württemberg 6. Senat
    16.03.2023
    L 6 SB 3065/22
  • 1. Das gesundheitliche Merkmal Hilflosigkeit (Merkzeichen "H") iS des § 33b Abs 6 EStG wird gemäß § 69 Abs 4 SGB 9 nach denselben Kriterien festgestellt wie die Voraussetzungen einer Pflegezulage iS von § 35 Abs 1 BVG (Bestätigung ua von BSG vom 8.3.1995 - 9 RVs 5/94 = SozR 3-3870 § 4 Nr 12).

    2. Hilflos iS von § 33b Abs 6 EStG ist stets, wer bei den von dieser Vorschrift erfassten Verrichtungen für mindestens zwei Stunden am Tag fremder Hilfe dauernd bedarf.

    3. Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege besonders hoch ist.

    4. Eine nach § 33b Abs 6 S 3 EStG berücksichtigungsfähige Bereitschaftszeit setzt zeitlich und örtlich denselben Einsatz voraus wie körperliche Hilfe (Fortentwicklung von BSG vom 8.3.1995 - 9 RVs 5/94 = SozR 3-3870 § 4 Nr 12).
    BSG 9. Senat   12.02.2003    B 9 SB 1/02 R
  • Bei einem Asperger - Syndrom können aufgrund erheblicher Kommunikations- und sozialer Defizite die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens H erfüllt sein.

    Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat   23.06.2011   L 11 SB 374/09

  • Wer nur in relativ geringem Umfang von täglich etwa einer Stunde auf fremde Hilfe angewiesen ist, ist nicht hilflos und hat keinen Anspruch auf das Merkzeichen H.

    Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege (wegen der Zahl der Verrichtungen bzw. ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen) besonders hoch ist.

    SG Potsdam 22. Kammer   08.07.2020   S 22 SB 2/17

  • Erst ab Pflegegrad 4 kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass generell eine das Merkzeichen H begründende Hilfebedürftigkeit besteht (vgl. BSG, Beschluss vom 27. Dezember 2018 – B 9 SB 5/18 BH –

    Bei niedigereren Pflegegraden sind die von der Rehtsprechung entwickelten Grundsätze für die Beurteilung heranzuziehen.

    Sächsisches Landessozialgericht 9. Senat
    10.10.2019
    L 9 SB 143/16

  • 1. Sofern bei einer Erkrankung an Mukoviszidose kein GdB von 50 vorliegt, ist für die Feststellung des Merkzeichens H eine Einzelfallbetrachtung der notwendigen Hilfeleistungen vorzunehmen. Von umfangreichen Betreuungsmaßnahmen, die das Merkzeichen rechtfertigen, ist erst dann auszugehen, wenn der dafür erforderliche Zeitaufwand zwei Stunden bzw eine Stunde bei hohem wirtschaftlichen Wert beträgt.

    2. Im Grundpflegeaufwand sind auch die verrichtungsbezogenen Pflegemaßnahmen der Sekretelimination im Bereich der Mobilität zu berücksichtigen. Der darüber hinausgehende Zeitaufwand für die erforderlichen Inhalationen einschließlich der Reinigung des Gerätes wird als Behandlungspflege bei der Feststellung des Merkzeichens H nicht erfasst. Auch der hauswirtschaftliche Mehraufwand durch die Zubereitung spezieller kalorienreicher Kost, den Einkauf dieser Lebensmittel sowie durch den vermehrten Anfall von Wäsche aufgrund des starken Schwitzens wird nicht berücksichtigt.

    Landessozialgericht Sachsen-Anhalt 7. Senat   26.03.2013    L 7 SB 58/08
  • Das Merkzeichen H ist in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos i.S.d. des § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) oder entsprechender Vorschriften ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Schwerbehindertenausweisverordnung [SchwbAwV]). Gemäß § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG ist eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (§ 33b Abs. 6 Satz 4 EStG).
    Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat   20.05.2021    L 6 SB 242/20
  • Bei den gemäß § 33b Abs. 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 4 SGB XI) erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Diese Bereiche werden unter dem Begriff der so genannten Grundpflege zusammengefasst (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 3 SGB XI; § 37 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)). Hinzu kommen jene Verrichtungen, die in den Bereichen der notwendigen körperlichen Bewegung, psychischen Erholung, geistigen Anregung und der Kommunikation (insbesondere Sehen, Hören, Sprechen, Fähigkeit zu Interaktionen) anfallen. Bei psychisch oder geistig Behinderten liegt Hilflosigkeit auch dann vor, wenn sie bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens zwar keiner Handreichungen bedürfen, sie diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornehmen. Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (zu Vorstehendem vgl. z.B. BSG, Urteile vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, vom 24. November 2005 – B 9a SB 1/05 R –, und vom 2. Juli 1997 – 9 RV 19/95 – alle bei juris).

    Um den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen zu können, ist aber nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen; vielmehr sind auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung oder die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson, zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteile vom 14. Dezember 1994 – 3 RK 14/94 –, vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, und vom 24. November 2005 – B 9 SB 1/05 R –; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Februar 2010 – L 15 SB 124/07– alle bei juris).

    Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 11. Senat   23.07.2015    L 11 SB 157/11
  • Ein an Mukoviszidose erkrankter junger Mensch hat über die Vollendung des 16./18. Lebensjahres hinaus nur dann weiterhin Anspruch auf das Merkzeichen H, wenn die für Erwachsene geltenden Kriterien der Hilflosigkeit iS des § 33b Abs 6 S 2 und 3 EStG erfüllt sind.
    Bayerisches Landessozialgericht 15. Senat   28.01.2010    L 15 SB 5/03


  • Versorungsmedizinische Grundsätze
    in der Fassung der 5. Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung


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